Vortragsreihe im Rahmen der Ausstellung

Mythos Europa

Moderne Europäer in den Legenden der Abessinier

Di, 31.07.18 um 19 Uhr
mit Wolbert G.C. Smidt

In Europa gibt es Legenden über ferne Länder - ferne Länder, in denen der Pfeffer wächst, ferne Länder mit glücklichen Menschen, ferne Länder mit ungewöhnlichen Gefahren. Anderenorts dagegen ist Europa der Inbegriff des Exotischen und damit der Gegenstand von Mythen und Legenden.
Das alte Abessinien, das Hochland des nordostafrikanischen Landes Äthiopien, pflegte über die letzten zwei Jahrtausende zeitweise aktiven Kontakt zu großen Reichen in Europa, zeitweise aber war das Land relativ isoliert. Dies lieferte Stoff für die Entstehung von Legenden über Europa, bis heute. 
Wie fremdartig Europa in den Augen anderer sein kann, erfährt der Ethnohistoriker Wolbert G.C. Smidt regelmäßig am eigenen Leib. Er lebt seit über acht Jahren in einer entlegenen Region in Äthiopien und gilt dort als „Exot“. 

Prof. Dr. Wolbert G.C. Smidt ist Associate Professor in Mekelle in Nordäthiopien, sowie Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts Berlin und des Forschungszentrums Gotha der Universität Erfurt. Er studierte afrikanische Geschichte, Völkerrecht und Ethnologie in Berlin, Genf und Hamburg und war Dozent der Äthiopistik an der Universität Hamburg und Mitarbeiter eines großen Lexikons zur Region Aethiopiens mit rund 4000 Artikeln, der fünfbändigen Encyclopaedia Aethiopica. Er arbeitet derzeit in einem großen Forschungsprojekt der Universität Jena zu mündlichen Überlieferungen und Legenden zu archäologischen Stätten in Tigray. Die Sprachen und Kulturen der alten äthiopischen Hochkultur stehen seit 1990 im Zentrum seiner Forschungsarbeit.





Der Traum vom Exotischen

Der Orient in Gemälden der europäischen Kunstgeschichte

Di, 28.08.18 um 19 Uhr
mit Claudia Tittel

In zahlreichen Gemälden der europäischen Kunstgeschichte schmückten die Maler ihre Gemälde mit orientalisierendem Dekor, erzählten Geschichten von armen, aber ursprünglichen Gesellschaften, von fliegenden Händlern, wunderschönen Frauen und reichen Herrschern des Nahen Ostens. Vor allem im 19. Jahrhundert wurde der Orient zur Projektionsfläche für zumeist männliche Phantasien. Ein beliebtes Motiv war der Harem als Ort des überbordenden Luxus und der freien Sexualität.
Der Vortrag beschäftigt sich mit dem Bild, das europäische Künstler wie Eugène Delacroix oder Jean-Auguste Dominique Ingres vom Orient zeichneten - eine mysteriöse Welt angeregt von den Geschichten aus 1001 Nacht, die die Phantasie der Europäerinnen und Europäer beflügelte.

Dr. Claudia Tittel studierte Kunstgeschichte und Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität in Berlin sowie an der Université Panthéon-Sorbonne in Paris. Sie promovierte an der Humboldt-Universität Berlin und ist seit 2004 an verschiedenen Universitäten wie z.B. der Universität der Künste Berlin, der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Bauhaus-Universität Weimar tätig. Zurzeit ist sie Research Fellow am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie in Weimar. Neben ihrer Lehrtätigkeit kuratierte sie Ausstellungen im In- und Ausland, so z.B. an der Akademie der Künste Berlin, der Nationalgalerie Vilnius, dem Klinger-Forum Leipzig und der Klassikstiftung Weimar. 

Inszenierte Authentizität

Die Orientfotografien der Alphons-Stübel-Sammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Di, 25.09.18 um 19 Uhr
mit Babett Forster

Was können wir heute aus historischen Fotografien erfahren und wie sollten wir sie lesen? Insbesondere bei Aufnahmen aus Ländern, die das westliche Label des Exotischen tragen, lässt sich die Diskussion um Inszenierung und Authentizität schwer umgehen. So sollte auch unser Blick auf Orientfotografie von kritischer Distanz geleitet sein, ohne dabei eine vorhandene 'orientalische' Wirklichkeit in den Bildern von vornherein als Konstruktion oder Mythos abzulehnen.
In der Frühzeit der Fotografie ist die Bildgestaltung von langen Belichtungszeiten und den apparativen Herausforderungen abhängig, so dass sich die Frage nach einer authentischen Szene meist gar nicht stellt. Erst mit fortschreitender Fototechnik und handhabbaren Kameras werden Momentaufnahmen und damit unverfälschtere Eindrücke möglich.

Dr. Babett Forster ist seit 2014 Leiterin der Kustodie und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Kunstgeschichte und Filmwissenschaft, Institut für Kunst- und Kulturwissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Studium der Kunstgeschichte, Klassischen Archäologie und Orientalistik in Jena und Basel, mit einem Praxissemester am Gabinete de Arqueología de la Oficina del Historiador de la Ciudad de La Habana, Cuba. Promotion mit dem Thema "Fotografien als Sammlungsobjekte im 19. Jahrhundert. Die Alphons-Stübel-Sammlung früher Orientfotografien". Zuletzt erschienen: Belichtete Vergangenheit. Fotografie und Archäologie, Themenheft der Fotogeschichte. Beiträge zur Geschichte und Ästhetik der Fotografie, hg. Anton Holzer, Heft 144, Sommer 2017.